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  Vorträge im Februar 2011

Pressetext

Gibt es ein zeitgemässes Christusverständnis?

Religionen bewahren ein Erbe, das in vielem einem aufgeklärten Weltbild widerspricht. Da werden Anfang, Zustand und Ziel der Welt auch mit geistigen oder moralischen Dimensionen verknüpft, hinter der sichtbaren Welt wirkt eine unsichtbare, von Geistwesen bevölkerte Welt und das Christentums kennt gar eine Erlösergestalt, die in sich alles umfassen soll, Gott und Mensch, Ursprung und Ziel. Der altchristliche Glaube, wonach der gekreuzigt und auferstandene Jesus schon vor aller Schöpfung beim Gott war und auch in aller Zukunft vom Himmel her wirkt und die Schöpfung erneuert – dieser Glaube hat es schwerer als viele andere religiöse Inhalte, sich in der modernen Welt plausibel zu machen.

Die Praxis zählt

Auch andere Religionen stehen vor dem Dilemma, ihr Erbe mit der modernen Weltsicht zu vermitteln. Wenn der Dalai Lama Fragen rund um Gott oder Reinkarnation offen lässt, kann er dabei doch den Kern seiner Religion bewahren. Der Buddhismus ist primär eine Einsicht in den Leidenscharakter des Lebens und eine Anleitung zur Überwindung des Leidens durch Meditation. Der Hinduismus ist so bunt und vielfältig, dass er von Anfang an keinen Anspruch auf ein zeitgemässes Lehrsystem beansprucht. Und die andern beiden monotheistischen Religionen können sich darauf beziehen, dass sie vor allem in der Praxis leben: das Judentum im Bewahren der Bräuche und Feste, der Islam in den fünf Pflichten des Glaubens an Gott und seinen Propheten, des Betens, des Fastens, des Pilgerns und des Almosengebens. Auch das Christentum hat Anteil an dieser eher praktischen Orientierung, nämlich durch die Sakramente der Taufe und des Abendmahls. Für die orientalischen Kirchen wie auch für die Katholische Kirche gilt bis heute, dass sich der Glaube primär durch die Teilnahme an den Sakramenten bewährt – und natürlich in einem gerechten und guten Lebenswandel.

Konzentration auf Lehre

Das Christentum hat aber, forciert durch die Reformation, auch eine ausgeprägte Lehr- und Verkündigungstradition. Schon in den frühen Anfängen mussten Taufanwärter sich gründlich mit der Lehre auseinandersetzen. Diese Tradition lebt heute weiter in dem grossen Stellenwert, den die Kirchen dem Religionsunterricht geben, aber auch der zentralen Rolle der Predigt im Gottesdienst. In ihrer Ausrichtung auf die Lehre – der Talar der evangelischen Pfarrer ist ursprünglich das Gelehrtengewand der Universität – wurde die reformierte Theologie schon im 18. Jahrhundert zur Pionierin bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Heiligen Schriften – was in andern Religionen bisher nur Ansatzweise möglich war. Man analisierte die Quellenlage, die Autorschaft, die Textgattung, die Herkunft bestimmter Aussagen, ihr «Sitz im Leben» usw. – und man begann zu unterscheiden zwischen Bibeltexten, die zeitbedingte Ansichten spiegeln und solchen, die den bleibenden Kern wiedergeben. So wurden die biblischen Schöpfungsgeschichten als altorientalische Mythologien erkannt, die uns primär sagen wollen, dass ein Gott hinter der Schöpfung ist – das «Wie?» der Erschaffung aber sollte in Harmonie mit den modernen Naturwissenschaften verstanden werden. Die Bibelkritik machte auch vor den Worten Jesu nicht halt. Viele wurden als «unecht» erkannt, sie sollen nicht auf Jesus, sondern auf den Glauben der späteren Gemeinde zurück gehen. Die Wunder Jesu sah man teils als symbolische Verkündigungsmittel der Evangelisten, einige Theologen haben selbst in der Auferstehung Jesus ein mythologisches Relikt aus der Antike gesehen, das neu gedeutet werden muss. Dieser radikalen Sicht erwuchs auch Widerstand, etwa durch die dialektische Theologie von Karl Barth oder durch die religiös-soziale Bewegung. Doch die theologischen Kontroversen des 20. Jahrhunderts wirkten sich auf das Gemeindeleben aus. Bei der Wahl von Pfarrern setzen Gemeinden auf einen liberalen, auf einen positiven oder einen religiös-sozialen Geistlichen. In grösseren Gemeinden war man für eine ausgeglichene Verteilung besorgt.

Zeitgemäss Bekennen

Die Ausrichtung auf Lehre und Verkündigung, verbunden mit den damit zusammenhängenden Kontroversen, hat die Reformierten Kirchen in ihre heute so typische Situation gebracht: Arm an Kult, umstritten in der Lehre und besorgt um ihre Zukunft. Doch gerade die theologische Streitkultur, mit der auf hohem Niveau um einen Ausgleich mit der Moderne gerungen wird, kann auch als Stärke des Schweizer Protestantismus gesehen werden. Das zeigt sich nicht zuletzt in dem Bekenntnisprozess, den der Schweizerische Evangelische Kirchenbund eingeleitet hat. Man will sich der Tradition stellen, jedoch zu einem ehrlichen und zeitgemässen Bekennen finden. Charakteristisch für die Theologie der letzten Jahrzehnte ist die Annäherung an die jüdischen Wurzeln des Christentums und der Gestalt Jesu, vor allem was seine Lehre und Ethik betreffen. Doch das moderne Bekennen wird sich auch den «mythischen» Elementen des alten Christusbekenntnisses neu zuwenden müssen. Dieser Tradition gemäss ist Christus «geboren vor aller Zeit», «eines Wesens mit dem Vater», und «er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit». Die Februarvorträge des Evangelisch-reformierten Forums St.Gallen stellen sich diesen Fragen. Eröffnet wird die Reihe vom katholischen Theologen Dr. Rudolf Laufen, dem Herausgeber eines Sammelbandes zur «Präexistenz» Christi». Sein Anliegen ist es, wie er schreibt, «den Glauben an den dreifaltig-einen Gott, der im Neuen Testament grundgelegt ist, den Kirche und Theologie in einem gewaltigen Ringen ausformuliert haben und der die Grundlage aller Ökumene ist, auch unter den Bedingungen heutigen theologischen Denkens und Problembewusstseins durchzuhalten. Ohne Präexistenz Christi kein «vere Deus» (wahrer Gott) und kein «homoousios» (gleichen Wesens), ohne Göttlichkeit Jesu keine Trinität. Was dann übrig bleibt, wäre in jeder Hinsicht ein Scherbenhaufen!»

Vier Vorträge im Februar 2011, jeweils montags, 20 Uhr, im Festsaal St.Katharinen, St.Gallen, Eintritt frei

7. Februar: «Geboren vor aller Zeit» – Der präexistente Christus Mit Dr. theol. Rudolf Laufen, Mülheim / Ruhr
14. Februar: «Ich aber sage Euch …» – Der historische Jesus Mit Dr. theol. Frank Jehle, St.Gallen
21. Februar: «Ich war tot, und siehe, ich lebe» – Der auferstandene Gekreuzigte Mit Dr. theol. Ina Praetorius, Wattwil
28. Februar: «Ich bin bei Euch alle Tage …» – Der wiederkommende Menschensohn Mit Pfarrer Dr. Till Mohr, Teufen www.erf-sg.com

 

Veranstalterin: Evangelisch-reformiertes Forum St.Gallen
Leitung: Pfarrer Andreas Schwendener, Rehweidstr. 2, 9010 St.Gallen,
Tel. 071 244 34 64, kirchenbote.sg@ref.ch